Mobilitätsprojekt zur Förderung der eigenständigen Mobilität von Schülerinnen und Schülern an
Aachener Grundschulen
Seit einigen Jahren werden die langfristigen Effekte von Elternhol- und -bringdiensten deutlich: Hol- und
Bringdienste verursachen einen erheblichen Teil der morgendlichen und mittäglichen Verkehrsbelastung
im Umfeld der Schulen. Sie belasten die Umwelt und gefährden die Kinder, die zu Fuß, mit dem Fahrrad
oder dem Roller zur Schule kommen.
Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Aachen seit Ende 2007 ein
Konzept entwickeln lassen, die die
eigenständige Mobilität von Grundschülern fördern soll. In Zusammenarbeit mit der Polizei, der
Verkehrswacht und einem Verkehrsplanungsbüro wird das Mobilitätsprojekt an Aachener Grundschulen
umgesetzt.
Ziele dieses Projektes sind:
- Die Verkehrssicherheit an der Schule und im Schulumfeld zu erhöhen
- Den schulbezogenen Hol-/Bringverkehr zu reduzieren bzw. verträglich zu gestalten
- Die Selbstständigkeit und die motorischen Fähigkeiten der Kinder zu fördern
- Einen Beitrag zu einer gesunden und umweltbewussten Fortbewegung zu leisten.
- Eine weitgehend selbstständige Umsetzung wesentlicher Konzeptbausteine durch die Schule in
den nächsten Jahren zu ermöglichen.
Das Konzept besteht aus verschiedenen in einander greifenden Bausteinen:
1. Elterninformation
- Elterninformationsveranstaltung zu Beginn des Projektes, bei der die Eltern über das Projekt und
seinen Ablauf informiert werden, sie haben Gelegenheit Fragen zu stellen, Bedenken zu äußern
und Anregungen zu geben
- Elternbriefe
- Newsletter
- Internetseite zum Mobilitätsprojekt
2. Befragung
- Die Schüler werden mittels eines Fragebogens zu verschiedenen Aspekten befragt, wie z.B. wie
kommst Du zu Schule, kannst Du Fahrrad fahren.
- Auch die Eltern werden mittels eines Fragebogens zu verschiedenen Aspekten befragt, wie z.B.
sind Sie an einer Schulweggemeinschaft interessiert.
3. Reduzierung und verträgliche Gestaltung des Hol- /Bringverkehrs
3.1 Elternhaltestellen
- Hintergrund: In einigen Fällen ist es wegen des großen
Einzugsbereichs der Grundschulen erforderlich so genannte
Elternhaltestellen einzurichten. Die Eltern werden gebeten
ihre Kinder an diesen Stellen aus dem Auto steigen und von
dort aus alleine oder in einer Gruppe den restlichen Weg zur
Schule gehen zu lassen. Somit wird erreicht, dass der
sensible Bereich um die Schule entlastet wird und den
Kindern ermöglicht auch ein Stück zu Fuß zur Schule zu
gehen
- Im Rahmen des Mobilitätsprojekts wird ein
Elternhaltestellenkonzept erarbeitet. In der Regel liegt
folgendes Anforderungsprofil zugrunde:
- Fußwegeentfernung von 5 – 10 Min zur Schule mit einem
sicheren Restschulweg. Die Kinder sollen von dort aus zunächst von Eltern begleitet werden und
lernen, den verbleibenden Schulweg sicher in einer Gruppe von Kindern zu gehen. Die Begleitung
sollte schrittweise zurückgenommen werden.
- Die Standorte sollten Idealerweise an Hauptlaufrouten von Gehgemeinschaften liegen.
- Die Standorte sollten möglichst so gewählt, werden, dass sensible Wohnbereiche nicht zusätzlich
belastet werden.
- Möglichst in Bereichen mit wenig Parkdruck und Fremdverkehr, sodass eine Freihaltung
mittelfristig mit überschaubarem Überwachungsaufwand sichergestellt werden kann.
- Konkurrenz mit Bewohnerparken sollte vermieden werden.
- Wendefahrten sollten möglichst vermieden werden
- Jedes Elternhaltekonzept ist der jeweiligen Schule angepasst.
- Die Elternhaltestellen können künftig zusätzlich mit selbst gemachten Schildern gekennzeichnet
werden. Diese Schilder werden von den Schülern der Schule in Abstimmung mit FB 61/30
gestaltet.
3.2 Schulweggemeinschaften
- Die Bereitschaft der Eltern sich an Schulweggemeinschaften (zu Fuß, mit dem Auto und dem Bus)
zu beteiligen wird zu Beginn des Projektes in einem Elternbrief abgefragt. Die Ergebnisse werden
ausgewertet und aus dem Pool der Interessierten potentielle Schulweggemeinschaften gebildet.
4. Fahrradtraining im Schonraum
- Hintergrund: Erfahrungen der Polizei und der Verkehrswacht zeigen, dass die Fahrsicherheit von
Kindern auf dem Fahrrad (Motorik, Gleichgewichtssinn, Koordinationsfähigkeit) in den letzten
Jahren deutlich zurückgegangen ist: Kinder, die im 4. Schuljahr an der Radfahrausbildung
teilnehmen, sind häufig nicht in der Lage, mit ihrem Fahrrad verkehrssicher auf der Straße zu
fahren.
- Die Polizei ist personell nicht in der Lage, über die Radfahrausbildung hinaus Fahrtrainings an
den Schulen anzubieten, deshalb beinhaltet das Konzept
für die Schulprojekte ein so genanntes Schonraumtraining,
dass die Eltern und Lehrer für die Kinder ihrer Schule
anbieten und selbstständig durchführen können. Dazu
werden interessierte Eltern von der Polizei in einer ca. 90-
minütige Schulung zu so genannten Multiplikatoren
ausgebildet.
- Als Schonraum stehen prinzipiell der Schulhof und der Übungsplatz der Jugendverkehrsschule
zur Verfügung.
5. Verkehrsunterricht
- Durchführung von theoretischen und praktischen Unterrichtseinheiten
in den 1. bis 3. Schuljahren.
- Die Unterrichtseinheit für die 1. Klassen haben die Themen
Wahrnehmung und Fahrbahnüberquerung. Das Thema für die 2.
KIassen ist der „Toter Winkel“. Für die 3.Klassen sind theoretischer
und praktischer Unterricht vorgesehen. Im theoretischen Unterricht wird ein Kinderstadtplan
erarbeitet. Darüber hinaus geht es um Orientierungsfragen, die Bedeutung verschiedener
Straßenkategorien und Überquerungsstellen sowie dem selbstständigen Auffinden
verkehrssicherer Routen (auch in der Freizeit). Der praktische Unterricht beinhaltet Übungen zur
Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten.
- Die Unterrichtseinheit für die 1. bis 3. Klassen wurde in drei Broschüren
allen Grundschulen in Aachen zur Verfügung gestellt.
- Die Unterrichtseinheiten der 3. Klassen sind auch geeignet für 4. Klassen.
- Auf der Grundlage des erarbeitet Kinderstadtplan wird der Schule eine
Magnettafel überreicht, der dem Lehrpersonal in Zukunft für den
Mobilitätsunterricht zur Verfügung steht. Mit dem Kinderstadtplan können sie
den Kindern anschaulich vermitteln, wie sie auch für ihre Freizeitwege
verkehrssichere Routen erarbeiten können.
6. Busschule
Im Gegensatz zum Busschulangebot, dass die Polizei mit der ASEAG an den weiterführenden Schulen (5.
bis 6. Klasse) anbietet, wobei die Schüler das richtige Verhalten an der Bushaltestelle und im Bus lernen,
wird bei dem vom Mobilitätsprojekt angebotenen Unterricht den Schülern der 4. Klasse erklärt, wie sie sich
im System Busverkehr orientieren können.
Unter dem Motto "Bald bin ich ein Schulbuskind" werden in der Busschule online folgende Themen besprochen:
- der Liniennetzplan
- der Linienfahrplan
- die Fahrtauskunft der ASEAG
(Internet "Mit welchem Bus kann ich fahren?" / Apps "Kommt mein Bus pünktlich?")
- an der Haltestelle (Haltestellenschild, Aushangfahrplan)
- Tipps für eine gute Fahrt
7. Verkehrssichernde Maßnahmen
Neben dem schulbezogenen Hol-/Bringverkehr können Liefer-, Baustellen- und/oder
Veranstaltungsverkehr dazu beitragen, die Verkehrssicherheit im direkten Schulumfeld zu beeinträchtigen.
Zur Erhöhung der Sicherheit stehen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung:
-
7.1 Banneraktion
Das Banner „Tempo runter-Kinder!“ oder das Banner „Brems dich – Schule hat begonnen“ der
Verkehrswacht kann an geeigneter Stelle aufgehängt werden.
Dadurch wird die Aufmerksamkeit für die Schule erhöht.
-
7.2 Denk- und Dankzettelaktion
Die Polizei verteilt zusammen mit Schülern der vierten Klasse und
der Klassenlehrerin Denk- und Dankzettel.
-
7.3 Polizeiliche Überwachung
Der zuständige Bezirksdienst könnte den Schulbereich sporadisch
überwachen. Jedoch sind die personellen Ressourcen je nach Bezirk sehr begrenzt.
8. Allgemeines:
>> Mobilitätskonzept als PDF (940 KB)
Die Umsetzung erfolgt etwa im Laufe eines Jahres durch eine Projektgruppe bestehend aus
Stadtverwaltung, Polizei, Lehrer- und Elternvertreter und beauftragtem Planungsbüro. Die Gruppe trifft
sich alle 4-8 Wochen. Das Projekt ist so konzipiert, dass einmal eingeführt wesentliche Projektbausteine in
den folgenden Jahren von der Schule weitgehend selbstständig umgesetzt werden können.